Internet, Handys, Smartphones und Tablets – all das und vieles mehr gab es zu dieser Zeit noch nicht. Wir haben das Jahr 1980. Es war Ostern und ich 6 Jahre alt. Ich kann mich noch ausgesprochen gut an jene Tage erinnern. Denn ich sollte in den nächsten Tagen mein eigenes Kätzchen bekommen. Das wussten jedoch weder mein Bruder, meine Eltern, noch ich zu diesem Zeitpunkt. Es waren Zeiten, wo wir Kinder noch grobe Kordhosen und Hemden mit Pullunder trugen. Zeiten, die wir als Kinder in der Natur verbrachten, in welchen im Winter auch im Flachland viel Schnee lag und wo das Thema Klimawandel in weiter Ferne schien.

Meine erste Katze

Eine Woche vor Ostern machte mein Vater bei Arbeiten im Garten eine Entdeckung und rief uns herbei. In unserem Garten stand (steht noch immer) ein alter Backsteinschuppen. Mit äußerster Vorsicht und einer Taschenlampe bewaffnet, führte unser Vater uns an das hinterste Eck des Schuppens. „Ihr müsst jetzt ganz leise sein“ flüsterte er uns zu, als er den Lichtstrahl der Taschenlampe in eine Ecke lenkte. Dort lagen, eng aneinander gekuschelt 6 kleine Katzenbabys mit verschiedensten Farben. Vom Licht irritiert, find die kleine Meute an zu maunzen. Es war das erste Mal, dass ich ein Katzenbaby sah. Das erste Mal, solch kleine zierlich zerbrechliche Geschöpfe mit ihrem maunzen wahrnahm. Ich war hin und weg und wusste zu diesem Zeitpunkt – ich hätte gern ein Kätzchen. Gerne hätte ich  alle umarmt und geknuddelt. Doch unser Vater hielt das für keine gute Idee. Schließlich hätte die Mutter, die in umliegenden Wiesen nach Nahrung suchte, die Witterung aufnehmen und die Jungtiere zurücklassen können.

Der Traum von der eigenen Katze

Aus dem Schuppen zurück wollte ich nichts sehnlicher als eine Katze. Das lies ich auch meine Eltern verstehen. Schließlich stand Ostern vor der Tür. Fortan beobachtet ich aus der Ferne immer wieder den alten Backsteinschuppen und sah die Mutter täglich ein und ausgehen. Ohne ein weiteres Mal nach den Kätzchen geschaut zu haben, hoffte ich natürlich, dass es den kleinen Wollkneul gut ging.

Es war Ostersonntag und wir saßen zum Frühstücken am Tisch, als meine Mutter rief – schaut mal! Die Katzenmutter verlies durch einen Türspalt den Backsteinschuppen. In ihrem Maul ein kleines Kätzchen. Hatte sie uns doch gerochen, oder war es möglicherweise das Geräusch des Rasenmäher am Samstag, der sie zum Umzug bewegte? Bereits wenige Minuten später kam sie erneut, betrat den Schuppen und verlies diesen erneut. Insgesamt 5 Mal wiederholte sich der Vorgang. Dann kam sie auf einmal nicht mehr. Es waren aber 6 Kitten, die wir zählten. Hatte sie schon zuvor eines der Kätzchen weggeschafft, oder war einem der Kätzchen was zugestoßen?

Als nach zwei weiteren Stunden noch immer keine Katzenmutter gesichtet wurde, wagten wir uns mit unseren Eltern und der Taschenlampe bewaffnet, in den alten Backsteinschuppen. Mit äußerster Vorsicht gingen wir zu der Stelle, an welcher wir die Katzenbabies entdeckt hatten. Und da lag es, einsam und verlassen, ein von der Mutter zurückgelassenes Katzenbaby. Es blickte uns mit seinen großen Augen maunzend an. Unsere Mutter hob das Kätzchen vorsichtig auf, tastete es vorsichtig ab und schaute es genau an. Dann schaute sie uns an und meinte „Ich glaube wir haben ein neues Haustier“.

Katzenbaby Flasche geben

Zurück in der Wohnung wurde zunächst ein Tierarzt hinsichtlich der Ernährung des keinen Katzenwaisen konsultiert, bei welchem wir die Ausrüstung hierfür abholten. Mit speziellem Milchpulver, das mit lauwarmem Wasser angerührt wurde, zog meine Mutter eine Spritze auf und treufelte Tropfen für Tropfen in das Maul des von uns adoptierten Katzenbabies. All das was die Katzenmutter vorher machte, mussten wir in den kommenden Tagen übernehmen. Angefangen mit der Katzenmilch per Sprize, über Katzenflasche, den Bauch streicheln und den Hintern putzen. Nachts stellte meine Mutte den Wecker, da die Kleine auch in der Nacht hunger hatte. So vergingen die Tage und zum Ende der Osterferien hatte die Kleine neben ihrem Namen Molly, den wir ihr durch die Gewichtszunahme gaben, auch ihr erstes Nassfutter erfolgreich verspeist.

Molly war eine außergewöhnlich tolle Katze. Eine Katze, die wir als Freigängerin zunächst nicht kastrierten und dadurch auch dreimal Nachwuchs bekam. Sie schlief im Alter von 16 Jahren ein, da war ich 22. In diesen 16 Jahren hat sie ausgesprochen viel erlebt, war oft Tage, manchmal auch Wochen weg, erlitt durch Hundebisse schwere Verletzungen, genoss das Kuscheln mit unserem Schäferhund und vieles mehr.

Tupperparty Katz und Maus Spiel

Ein Ereignis mit ihr erzählt meine Mutter noch heute gerne. Sie hatte früher immer wieder mal Tupperparties ausgerichtet. Und als im Sommer die Tupperparty gerade ihren Höhepunkt erreichte, mit damals 15 anderen Frauen, sah ich unsere Molly von draußen mit einer Feldmaus im Maul kommend in Richtung Esszimmer laufen. Noch bevor jemand die Balkonzimmertür schließen konnte, stand Molly bereits in der Wohnung, blickte in die Gesichter all der Frauen, die sie mit großen Augend anstarrten. Die Gespräche und das Gelächter verstummten. Für einen kurzen Moment herrschte absolute Stille.

Molly war wohl der Auffassung, sie müsse den Gästen ein Geschenk hinterlassen und lies die Maus aus dem Mund fallen. Die Blicke richteten sich auf die reglos am Boden liegende Maus. Dann auf einmal wildes Gekreische und Frauen, die ihre Füße hochzogen und einige sich sogar auf den Stuhl stellten. Die kleine Feldmaus hatte sich lediglich tot gestellt und flitzte auf einmal unter den Stühlen der Tupperparty-Besucher ins Wohnzimmer, wo sie sich hinter Möbelstücken vor der Katze versteckte. Molly saß die ganze Zeit über, trotz des Gekreisches und der spürbaren Panik gelassen da und blickte in die verängstigten Gesichter. Sie hatte wohl bezüglich ihres Geschenks mit einer anderen Reaktion der Gäste gerechnet.

40 Jahre ist es nun her, dass ich mein erstes kleines Kätzchen in den Händen halten durfte. Und in diesen 40 Jahren habe ich eines gelernt – das Aussehen der Katzen ist mitunter ähnlich, wenn nicht gar identisch. Doch Charaktereigenschaften und Fähigkeiten und Eigenheiten machen jede Katze zu einem Unikat. Ein Grund, weshalb keine meiner Katzen, die ich in all den Jahren hatte, jemals in Vergessenheit gerät.

Könnt Ihr euch auch noch zurückerinnern an eure erste Katze? Wie lange liegt das den zurück und welche Geschichte verbindet ihr damit?

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